Christoph Draegers erste Einzelausstellung in Berlin wird am 5. September eröffnet – , 30 Jahre nach dem Attentat von palästinensischen Terroristen auf Mitglieder der israelischen Mannschaft während der 20. Olympiade in München 1972, die elf Opfer forderte. Nur wenige Tage nach der Eröffnung von Draegers Ausstellung bei müllerdechiara jährt sich der Anschlag auf das World Trade Center am 11. September zum ersten Mal. Diese beiden Ereignisse im September in der Zeitspanne einer Generation haben dramatische Bilder in das kollektive Gedächtnis eingebrannt und tiefgreifende Änderungen unserer Welt erzeugt. Das frühere Ereignis, obwohl ein erster Höhepunkt des globalen Terrorismus, ist nahezu vergessen, letzteres haben wir eben erst begonnen zu verarbeiten.

Draegers Installation mit dem Namen „Black September“ (auch der Name der palästinensischen Terroristengruppe von 1972) zeigt eine zum Teil fiktive Inszenierung der damaligen Ereignisse in den Schlafräumen der israelischen Mannschaft. Die Installation stellt einen ähnlich absurden und künstlichen Eindruck her, den die Geiselnahme seinerzeit in dem theaterhaften Rahmen der Olympiade hatte. Noch zu dem Zeitpunkt, als sich das dramatische Ende der Geiselnahme abzeichnete, wurde damals versucht, die Normalität der Spiele aufrecht zu erhalten. Das Absurde dieser Situation wurde noch durch die Tatsache erhöht, daß die Geiselnehmer wie auch die Geiseln live im DDR-Fernsehen die Versuche der westdeutschen Polizei zur Befreiung beobachten konnten. Draeger wird bearbeitete Auszüge der damaligen TV-Berichte über die sogenannte „Operation Sonnenschein“ zeigen – zu sehen aus einem rekonstruierten Schlafraum der Geiselnahme. Fakten und Fiktion, Vergangenheit und Gegenwart sind so stark ineinander verwoben, daß sich die Grenze zwischen Dokumentation und real Erlebtem, zwischen Beobachter und Teilnehmer aufhebt.

Der zeitliche Abstand von 30 Jahren erlaubt Draeger, das fiktionale Element einzuführen, der Mythos hat die Aktualität ersetzt. Trotzdem stehen sich nach wie vor dieselben Gegner wie vor 30 Jahren erbittert gegenüber. Nicht nur daran erinnert Draeger, sondern er stellt auch andere Fragen: Besteht ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung eines globalen Terrorismus und der Globalisierung der Bilder? Er weist darauf hin, daß Gewalt und die fast simultane Berichterstattung über sie immer Hand in Hand gingen.

Unfälle und Gewalt sind Themen, die Draeger seit 10 Jahren beschäftigen. Er besuchte zahlreiche Schauplätze rund um die Welt, an denen Katastrophen stattgefunden haben – Flugzeugabstürze, Explosionen, terroristische oder kriminelle Überfälle – und verarbeitete dies in seiner künstlerischen Arbeit. Seine Besessenheit für Zerstörung, ihre Unvorhersehbarkeit und die voyeuristische Faszination, die sie hervorruft, spiegelt sich in vielen seiner Projekte wieder. Er schneidet seine eigene Interpretation der Ereignisse aus TV-Aufnahmen, Laienvideos und Hollywood-Filmen zusammen. Dieses Spiel mit Fiktion und Realität bringt den emotionalen Gehalt der Dramen zum Vorschein.

Christoph Draeger lebt und arbeitet in der Schweiz und in New York. Er hatte zahlreiche Ausstellungen in Europa und den USA. Seine nächste Einzelausstellungen werden in der Roebling Hall in New York und im Kunstmuseum Solothurn(CH), zu sehen sein.

Beteiligungen sind unter anderem auf der Liverpool Biennial, Liverpool, cine y casi cine, Museum Reina Sofia, Madrid, Intimate, Paco des Artes, Sao Paolo, und Remakes, capc-Musée d'art contemporain, Bordeaux. Einige seiner letzten Gruppenausstellungen sind "Artists’ Games, Public’s Games", Kunstverein Ulm, "Highlights from the Permanent Collection", Whitney Museum of American Art New York, "Brooklyn!", PBICA, Institut of Contemporary Art, Palm Beach, und "Impakt Festival", Centraal Museum Einhoven.