Wir freuen uns, Sie zu der Ausstellung Harald Hermann - mit haken und ösen und Chris Larson - Crush Collision in der Galerie magnus müller einladen zu können. Harald Hermann (*1976 in Stuttgart) zeigt neue Malereien und Chris Larson (*1966 in St. Paul, Minnesota) seine neue Videoarbeit Crush Collision sowie eine ortspezifische Installation in dem Baum vor den Galerieräumen. Nach der Ausstellung Vom Ansich zum Fürsich zu Wirsich mit Markus Keibel im letzten Jahr zeigt magnus müller nun zum zweiten Mal Malereien von dem in Berlin lebenden Künstler Harald Hermann. Hermanns Bildwelten lassen sich als surreale Traumlandschaften bezeichnen, die sich - meist in einer hellen und pastellen Farbpalette gehalten - aus mehreren übereinandergelagerten Motivschichten zusammensetzen. Diese Schichten bilden skurrile Situationen und absurde Räume, die uns beim tieferen Betrachten Raum für vielfältige Assoziationen und Gedankenspiele geben. Die dadurch hergestellte Distanz zur Wirklichkeit ermöglicht es uns, unser Dasein mit anderen Augen zu betrachten. 

Ausgangspunkt für Harald Hermanns Malerei sind von ihm selbst erstellte Fotografien, die er übereinander projiziert und im Arbeitsprozess mit Acryl und Copic in Malerei umsetzt. Indem er nur einzelne Motive aus den Fotografien herausgreift und sie frei in den Raum setzt, wirken die Elemente zwar im Einzelnen wie im Nichts schwebend, verschmelzen jedoch im Ganzen mit der sie umgebenden Architektur oder Landschaft zu einer neuen Realität. Es wird deutlich, dass Hermanns Hauptaugenmerk, wie in dem Bild mit haken und ösen auf dem Erschaffen von Räumen und Bildachsen sowie dem Durchdringen von Größendimensionen liegt. Erst durch die Diagonale von Bojen oder Holzhütten – ein in Hermanns Malereien oftmals wiederkehrendes Motiv – wird uns die eigentliche Größe des Bildraumes und damit auch die Kleinheit unserer Existenz bewusst.

Der amerikanische Künstler Chris Larson ist hauptsächlich für seine extravaganten, aus Holz erbauten und großformatigen Maschinerien bekannt, die an Folterinstrumente der Inquisition erinnern. Diese bizarren Konstruktionen „aus einer anderen Zeit“ stehen oft im Mittelpunkt seiner Videos, die - mit Elementen aus Mythologie, Zauberkunst, Gospelmusik, Farmwirtschaft und Nervenheilkunde angereichert - ein mysteriöses „schwarz romantisches“ Set ergeben, das voller kunsthistorischer Bezüge (Bruegel, Füssli, Piranesi, Caspar David Friedrich, Barnett Newmann), religiöser Metapher, Fabeln (Franz Kafka) und sexueller Anspielungen steckt. Meist begibt sich ein Hauptakteur als „Sklave der Technologie“ in die komplexen Maschinen, um Flüssigkeiten und Substanzen zusammenzumischen und dabei einen für den Betrachter nicht eindeutigen Zustand der Freude und des Schmerzes (es fließt auch Blut) zu durchleben.Es bleibt der Imagination des Betrachters überlassen, was die eigentliche Funktion der Maschine ist und welche Konsequenzen ihr Betreiben nach sich zieht.

In seinem neuen Video Crush Collision (2005/2006) greift Larson das Beziehungsgeflecht Maschine – Mensch wieder auf, verbindet es aber mit einem konkreten historischen Ereignis und erweitert den filmischen Ablauf im Vergleich zu den früheren Arbeiten (Gastral Colony (2000), American Gothic, Saturday Night / Sunday Morning (2001), County Line (2004)) um ein weiteres Filmset. Im ersten Teil des Videos wiederholt sich das Leitmotiv der vom Menschen betriebenen paradox-fantastischen Maschinenkonstruktion, an das sich eine weitere Szene in einem auf einem See schwimmenden Holzhaus anschließt. Im Obergeschoss des Hauses sitzt ein Mann an einem silbernen Klavier; im Untergeschoss befindet sich eine Gospel-Familie beim Gebet am Tisch. Die Szene lebt von der Spannung zwischen der Ruhe des Sees und der bedrohlichen Atmosphäre innerhalb des Hauses.

Der Titel des Films basiert auf dem Musikstück The Great Crush Collision des Ragtime-Musikers Scott Joplin, der wiederum auf eine historische Begebenheit aus dem Jahr 1896 zurückgreift, der er selbst beigewohnt hatte: „On Sept.15, 1896, 50,000 people had gathered anxiously on a wide stretch of Texas prairie near Waco. Moments later, they watched two 32-ton locomotives, each pulling seven boxcars, collide head on at a combined speed of 120 miles per hour.” Das Publikum hatte sich in Crush versammelt, einer kleinen Stadt in Texas, die extra für dieses von dem Texaner Eisenbahnvertreter William George Crush arrangierte Großereignis errichtet worden war. Das Erlebnis endete allerdings tragisch: Als die beiden Züge aus Norden und Süden kommend zusammentrafen, kam es zu einer Explosion, die zahlreiche Zuschauer tötete.Die Kollision der Züge ist Ausdruck für Larsons Faszination am Aufeinandertreffen und Verbinden verschiedener Ideen, Kulturen, Religionen und Menschen, aber auch für sein Interesse an der Dualität menschlichen Daseins, in dem Liebe und Hass, Gut und Böse, Leben und Tod, Sünde und Vergebung aufeinandertreffen. Diese Thematik wird vor allem im ersten Teil des Films deutlich. Larsons Intention ist somit eine tief spirituelle: die Vereinigung von Weltlichkeit und Geistlichkeit, von Körper und Seele. 

Neben Crush Collision wird Chris Larson eine Installation in dem Baum vor der Galerie präsentieren. Diese Installation zeigt das hölzerne Fragment eines Flugzeugflügels der Marke , das die Kollision mit dem Baum simuliert, sowie ein zertrümmertes Klavier. Somit wird die Thematik der Ausstellung im Innern der Galerie geschickt im Außenraum weitergeführt. 

Chris Larson lehrt gegenwärtig an der Universität von Minnesota. Im November 2006 wird er seine nächste große Einzelausstellung im Minneapolis Institute of Arts haben.